2006  = 100. Meißner Bergturnfest

auf dem Sportplatz "Hausener Hute"

 

Teil 1: Von der Geschichte unseres Meißner-Bergturnfestes

von Christian Heddrich

Vorsitzender des Meißner-Bergfestausschusses

(Entnommen aus der Festschrift zum 60. Meißnerbergturnfest vom 18. August 1957)

Die volkstümlichen Übungen: Laufen, Gehen, Springen, Werfen, Stoßen, Schleudern, Ziehen und Schieben gehören zum Urbesitz  der Menschheit. Als es noch ein Gebot der Daseinserhaltung war, in schnellem Lauf das Wild oder den Feind zu erreichen oder ihm zu entkommen, durch einen weiten Wurf oder schweren Stoß den anstürmenden Bedränger unschädlich zu machen und im Sprung räumliche Hindernisse zu nehmen, da ging alle Übung des Körpers auf die Entfaltung dieser natürlichen Bewegungsanlagen aus. Seit den Tagen unserer Urväter ist freilich die Rüstigkeit des Leibes für die Lebensführung immer entbehrlicher geworden.  Nur zu Zeiten blitzt in der Erkenntnis des Menschen ein Besinnen auf jenes Naturnahesein auf.

Friedrich Ludwig Jahn war es, der dieser Erkenntnis die Tat folgen ließ. Auf der Hasenheide bei Berlin sammelte er die Jungen, um mit ihnen sich in der freien Natur bei „jeglichem Wetter zu tummeln.“ Da gab es keine Aschenbahnen, keine vorschriftsmäßigen Sprunggruben. Der natürliche Boden war Kampfplatz. Diese Erinnerung an das Jahn`sche Turnen gab den Anstoß, Bergturnfeste zu veranstalten. Deshalb führen auch wir alljährlich das Meißner-Bergturnfest als Jahn-Gedächtnisturnen Mitte August durch.

Jahn wurde am 11. August 1778 geboren. 1952 wurde auf dem Hohen Meißner von den Velmeder Turnern ein Jahnstein errichtet, der von dem damaligen 87-jährigen Bernhard Engelhardt, dem Begründer des Meißner-Bergturnfestes, geweiht wurde. Da bin ich nun bei der Geschichte unseres Festes.

  einst und heute.

Der Gau Werra stellte im Jahr 1896 beim Kreisturnausschuss den Antrag, ein Bergfest für alle Gaue gemeinsam einzurichten. Da er abgelehnt wurde, wurde auf Anregung des damaligen Gauvertreters Engelhardt  im Werragau am 22. August 1897 das erste Meißner-Bergturnfest in Leben gerufen. Es ist damit das älteste Bergfest im nordhessischen Raum. Das Rhön-Bergturnfest wurde erstmalig 1905 durchgeführt.

Unser Meißner-Bergturnfest konnte in kleineren Zeitabständen immer im August veranstaltet werden. Doch erst 1902 wurde unter stärkster Beteiligung des TV Jahn Eschwege das zweite Bergturnfest durchgeführt. Mehr als 200 Wettkämpfer nahmen an den Ausschreibungen teil, das war für damalige Verhältnisse eine stattliche Zahl.

Im August 1907 lud Gauvertreter Engelhardt  den gesamten 7. Turnerkreis zum Meißner-Bergturnfest ein, und wirklich, aus allen Gauen des Kreises kamen die Turner. Das Fest wurde ein voller Erfolg.

 In neuen Verhandlungen zwischen dem nordhessisch Waldeckschen Gau und dem Gau Werra wurde 1908 vereinbart, dass das neu eingerichtete Wilhelmshöher Bergfest und das Meißner-Bergfest abwechselnd gemeinsam veranstaltet werden sollte.

1908 wird das 4. Meißner-Bergfest durchgeführt. `

 Bereits 1910 hatten die Gauvertreter Professor Beinhauer (Nordhessen) und Gymnasiallehrer Engelhardt (Gau Werra) zum 5. Meißner-Bergturnfest in der Nähe des Viehhauses eingeladen.

Als Wettübungen waren bestimmt: Dreisprung, Schleuderballweitwerfen, Kugelschocken, Hochsprung und Stabweitsprung. Könnte man nicht glauben, Turnvater Jahn habe die Übungen selbst ausgeschrieben?

Der Festbeitrag war für Wettturner auf 1 Reichsmark, für andere Festteilnehmer auf 20 Pfennig festgesetzt worden.

Im August 1911 wurde das 6. und 1913 das 7. Meißner-Bergturnfest durchgeführt. Von 1914 bis 1918 fielen alle sportlichen Veranstaltungen aus. 1919 hielt der Werragau besonderer Umstände wegen das 8. Bergfest auf dem Hanstein ab. Das Meißner-Bergfest im Jahre 1924 konnte sich einer besonders lebhaften Teilnahme erfreuen. Doch ging von jetzt ab allmählich die Zahl der Teilnehmer auf den Bergfesten zurück. Das veranlasste den Tbdr. Henneberg, Eschwege, einen Artikel über: “Ein neuer Bergfestgedanke“ zu veröffentlichen, in welchem er den unzeitgemäßen Bergfesten  Fehde ansagte und gleichzeitig beachtenswerte Vorschläge für eine künftige Durchführung der Bergfeste machte. Das nächste Bergfest wurde im Sinne Hennebergs am 18. August 1929 durchgeführt und mit einem „Tanz unter dem Maienbaum“ beendet. Die Leitung hatten Gauvertreter Albrecht und Tbdr. Henneberg. Die Gäste des Kreisvorstandes, die in Eschwege getagt hatten, nahmen als Gäste teil.

 Das am 3. August im nächsten Jahr im gleichen Geiste durchgeführte Bergfest fand die volle Zustimmung aller Beteiligten. Leider bekam die Luft des Dritten Reiches den Bergfesten gar nicht. Die Bergfeste, wie auch das Kreis-Kinder-Bergfest des Kreises Witzenhausen, das bisher auch alljährlich durchgeführt worden war, fielen aus.

Ein Artikel in der Kurhessischen Zeitung: “Warum keine Bergfeste mehr“, von Tbdr. Heddrich, Velmeden, wurde von den damaligen HJ-Führern scharf angegriffen und die Vorschläge abgelehnt.  Erst 1947 konnte das erste Kreis-Kinder-Bergfest des Kreises Witzenhausen auf des Betreiben des damaligen Kreisschulrates Gröniger und erst nach dem Zusammenschluss der beiden Turnkreise Eschwege und Witzenhausen im Jahr 1950 das erste Bergturnfest des Gaues durchgeführt werden.

Als Festplatz wurden die Wiesen unterhalb des Naturfreundehauses festgelegt. Ein ständiger Bergfestausschuss wurde gewählt.

Der Landrat des Kreises Witzenhausen und M.d.L. übernahmen die Schirmherrschaft des Meißner-Bergturnfestes, das von nun an jedes Jahr im August durchgeführt wird und von Jahr zu Jahr immer mehr Teilnehmer zu verzeichnen hat. Die technische Leitung hat der Gauoberturnwart Adolf Jäger, Große Steine.

Durch freiwillige Spenden einzelner Firmen aus dem Kreis Witzenhausen war es dem Meißner-Bergfestausschuss möglich, einige volkstümliche Geräte zu kaufen: Kugeln, Bandmaße, Stoppuhren. Die beiden Landräte der Kreise Eschwege und Witzenhausen stifteten je einen Wanderehrenpreis (Wimpel) für die Jugend der Mädchen und Turner. Die Lehrer von Hausen übernahmen die Pflege des Jahnsteines. Immer größer wird die Zahl der Teilnehmer an den Bergfesten. Auch aus dem Kreis Hann. Münden nehmen jedes Jahr Turner und Turnerinnen teil.

 Unser Meißner-Bergturnfest steht.

In Zusammenarbeit mit der Gemeinde Hausen soll nun auch der Festplatz am Meißner etwas eingeebnet werden, damit wenigstens bei den Läufen nicht zu viele Stürze  vorkommen.

 Möge der 60. Geburtstag unseres Bergturnfestes  uns allen, besonders aber der Jugend, verpflichtet sein, im Geiste Jahns mitzuarbeiten. Nutzen wir die Kräfte, die im frisch, froh, frei, fromm des Turnerseins beschlossen sind, ballt die junge Kraft des Herzens, des Geistes und der Glieder. Halten wir uns an das schöne Wort des Liedes :

Ein Ruf ist erklungen, durch Berg und durch Tal

heraus ihr deutschen Jungen zum grünen Waffenaal.

Christian Heddrich

Vorsitzender des Meißner-Bergfestausschusses

Entnommen aus der Festschrift zum 60. Meißnerbergturnfest vom 18. August 1957